Vor 26 Jahren hielt mein Reiki-Lehrer John Harvey Gray im Unterricht sein einziges Exemplar des Grauen Buches hoch. Es war ihm so kostbar, dass er uns Schülern nicht erlaubte, es anzufassen. Während er vorsichtig die Seiten umblätterte, drängten wir uns um ihn herum und versuchten, eine gute Sicht zu bekommen, Ich fühlte mich von einer seltsamen Kraft dazu hingezogen, die ich gerade erst zu spüren begonnen und als „Reiki“ kennengelernt hatte. Das Graue Buch, das John hochhielt, fühlte sich für mich genauso kraftvoll an wie die Einweihungen, die er jeden Tag im Unterricht gegeben hatte.
Der Inhalt des Grauen Buches, eines schmalen Bandes von etwa 75 Seiten, wurde aus Hawayo Takatas Reiki-Dokumenten entnommen und nach ihrem Tod von ihrer Tochter, Alice Takata Furumoto, zusammengestellt. Im Jahr 1982 ließ Alice 100 Exemplare des Buches drucken. Auf dem Umschlag standen nur die beiden japanischen Kanji für Rei und Ki, gedruckt mit schwarzer Tinte auf grauem Leinenpapier. Dieses graue Papier und das Fehlen eines eindeutigen englischen Titels führten dazu, dass das Buch als „Grey Book“ bezeichnet wurde.
Am Ende des Buches befand sich eine Seite, unterschrieben von Alice Takata Furumoto mit etwas, das wie ein schwarzer Filzstift aussah. Die Seite war eindrucksvoll mit drei roten japanischen Stempeln versehen. John las uns laut vor: „The Legacy left Phyllis cannot be denied“ (*Das Vermächtnis an Phyllis kann nicht geleugnet werden*). Mit diesen Worten begann er, seine Geschichte von Phyllis Lei Furumoto zu erzählen, von seiner Beteiligung an der Anerkennung von Phyllis als Hawayo Takatas Nachfolgerin in der Linie und von der Gründung von The Reiki Alliance, einer Körperschaft von Meistern, die ihre Entwicklung unterstützen konnte.
2017 nahm ich an einem Workshop mit Phyllis in Arizona teil. Während eines intensiven Austauschs zum Thema „Versöhnung“, griff sie in ihre Schublade und holte die vier verbliebenen Exemplare des Grauen Buches hervor, was mich verstummen ließ. Von 100 Originalkopien, erklärte sie, seien 21 unterschrieben, gestempelt und an die von Hawayo Takata initiierten und anerkannten Reiki-Meister*innen verschickt worden. Die restlichen 79 Exemplare wurden Phyllis gegeben. Einige hatte sie im Laufe der Jahre an Reiki-Freunde oder -Schüler verschenkt; im Jahr 2017 blieben nur diese vier Exemplare übrig. Und nein, keiner von uns konnte eins haben, aber sie versprach, das Buch mit der Übersetzung des japanischen Textes „sehr bald“ nachdrucken zu lassen. Den Rest dieses Tages sprach sie über Versöhnung in Reiki und ihren Wunsch, die unbeabsichtigten negativen Folgen vergangener Entscheidungen in Ordnung zu bringen.
Das Graue Buch ist eine Verbindung zu einer Vergangenheit, die sich sowohl fremd als auch lange her anfühlt, eine Brücke zwischen Chujiro Hayashis Reiki-Kursen in Japan und Hawaii und den Reiki-Schüler*innen, die heute, fast 90 Jahre später, weltweit verbreitet sind. Die 21 signierten und gestempelten Exemplare des Grauen Buches verliehen denjenigen, die sie ursprünglich erhielten, Autorität und Authentizität. Obwohl sie viel von Takata Sensei geerbt hatten, war das Buch eines der wenigen greifbaren Objekte. Ich hoffe, dass durch die weite Verbreitung dieses seltenen Buches die Fackel, die von Chujiro Hayashi zu Hawayo Takata zu Phyllis Lei Furumoto und von ihr zu Johannes Reindl und den weltweiten Reiki-Gemeinschaften, die sie lehrte, betreute und belebte, weitergereicht wurde, nun alle erreicht, die Reiki-Schüler*innen sein wollen, und sie auf dem Weg des Reiki-Seins weiterbringt.
~Brian Brunius
New York City
31. März 2021